Nun lebt der kleine verrückte Waschbär schon einen ganzen Monat bei mir. Wir leben alle noch und ich hab auch nicht vor, sie alsbald wieder abzugeben. Es ist noch nicht so, wie ich dachte, dass es werden würde. Aber auch viel besser, als am Anfang.
Einer der krassesten Momente war definitiv, als ich mit einer ihrer Pflegestellen telefonierte, weil ich einfach mehr über ihre Vergangenheit erfahren wollte. Am Telefon war eine Frau, die so wie ich, ihr Leben lang Tiere hatte. Und dennoch war sie der Ansicht, dass Bailey eingeschläfert gehört. Während sie so sprach, schaute ich Bailey in die Augen, die leider abends immer noch in ihrem Käfig chillen musste. Hauptsächlich, damit sie Rex nicht angriff. Aber auch, um generellen Quatsch zu vermeiden. In dem Käfig hatte sie fast ein Jahr durchgehend gelebt und „Pippi und Kacka“ auf dem Balkon gemacht. Heute war sie schon dreimal eine längere Runde draußen inklusive Hofzeit und Annäherungsversuche mit Rex. Ich fühl mich nicht wirklich schlecht, sie in ihrem sicheren Käfig zu lassen. Aber hätte sie natürlich in dem Moment am liebsten auf meinem Schoß. Aber an sowas ist noch gar nicht zu denken. Aber einschläfern? Wozu? Ich zwinkerte Bailey beim Telefonat zu und ich schwöre, sie blinzelte zurück.
Ich geb’ zu, dass mein Leben nicht wirklich einfacher durch sie geworden ist. Aber wenn Rex, mein „erster“ Hund, (In Wahrheit hatte ich schon mehrere. Aber Rex war der „erste“ seit langem) mein Ying ist, ist Bailey definitiv mein Yang. Rex ist Golden Boy. Bailey ist Devil Bitch. Ich hetz mich den ganzen Tag auf Arbeit ab, um so schnell wie möglich wieder zu Hause zu sein. Länger als 3-4 Stunden kann und will ich ihr einfach nicht zumuten. Aber durch den Umbau meines Hauses bin ich eh oft da und in der Zeit versuchen wir einfach klar zu kommen. Rex kommt ein bisschen zu kurz und wünscht sich, glaube ich, sein Leben als Einzelkind zurück. Aber Pech gehabt.
Ich habe, trotz allem, unwahrscheinlich viel Kontakt mit den Vorbesitzern. Also, nicht mit den Pflegestellen, wo man hätte vermuten sollen, dass Baileys Martyrium endlich ein Ende nimmt. Sondern mit der einen Schwester, die es eigentlich echt einfach nur gut meinte und schließlich auch veranlasst hat, dass der Hund zu mir kommt. Sicherlich hat sie auch irgendwie mit Schuld an der Misere und viel falsch gemacht und entschieden. Aber sie hat es immer nur gut gemeint, da bin ich mir ganz sicher und Bailey wirklich geliebt. Und das merkt man Bailey an. Sie ist nicht der typische Assie Hund, der sinnlos vor sich hin bellt. Sie ist eine Mischung aus super verwöhnter Prinzessin und totaler Panik, gefangen in dem Körper eines Hochleistungssportlers (Aussie). Diese Mischung in einer Großstadt mit Menschen, die offensichtlich nie gelernt haben, Grenzen zu setzen und gleichzeitig liebevoll zu sein, hab ich jetzt am Hals.
Aber es wird schon. Heute habe ich sie das erste Mal geduscht, weil dieser Hund einfach wie ein Feudel durch die Landschaft fegt und alles mitnimmt an Matsch und Dreck, was da so kommt. Überraschenderweise war sie da ziemlich lieb. Ich brauchte noch nicht einmal den Maulkorb. Typisch, sowas kennt sie wieder. Aber wehe, ich will an einem anderen Hund vorbei gehen. Ist mir manchmal n bisschen peinlich mit so einem pöbelnden tasmanischen Teufel durch die Gegend zu laufen. Aber ich hab sie sehr lieb und freu mich immer, wenn ich sie ansehe. Weil man sieht ihr jeden Tag an, dass sie sich freut.